Vielleicht habt Ihr auch schon mal die Flyer von KL Strategic gesehen, da werden üblicherweise 4 Kurse angeboten: Ein Einsteiger- und ein Fortgeschrittenen-Kurs, jeweils für Pistole und Gewehr.
Nach einem exzellenten Shotgun-Kurs bei HunTac quatschten dann die üblichen Verdächtigen darüber, ein paar von uns wollten mal vorbei, haben es aber gelassen, weil Khi Pa Landgraf uns allen unbekannt war1. Also hab ich mich zum Scout erklärt. Ich meine, schlimmstenfalls hätte er ja als schlechtes Beispiel dienen können2 und in jedem Fall kriege ich einen Artikel.
Tja, also bin ich nach Bocholt zum Basis-Kurs Pistole von KL Strategic gefahren. Ich hatte erwartet, ich könnte mich tarnen. Die Überschneidung zwischen Schülern unserer beiden großen deutschen Ausbilder empfinde ich immer schon als bedenklich klein (Tipp: Beide gut kennen, selber entscheiden!), insofern hatte ich kein bekanntes Gesicht erwartet. Pustekuchen, als erstes begegnete mir der gute Peter Schmidtke, dessen viel besseren Bericht ihr in einer der nächsten Caliber-Ausgaben lesen könnt.
Unsere Ausbildungsgruppe war dank einiger Absagen dann auf vier Schüler und zwei Ausbilder geschrumpft, was natürlich der Betreuung nicht geschadet hat. Jepp, zwei Ausbilder. KL Strategic bietet nämlich einen Instructor-Lehrgang an, das vermeiden die großen Anbieter und ich bin ein Fan der Idee.
Der Kurs umfasste einen theoretischen Teil von einer Stunde und einen praktischen Teil von viereinhalb. Als Abkürzung sage ich direkt vorweg: Guter Kurs, solide, kein Unsinn drin. Alles weitere sind mehr oder weniger die Beobachtungen eines Feinschmeckers, der gerade über die Unterschiede zwischen mehreren guten Weinen urteilt: Anders, eventuell nicht mein Geschmack, aber keinesfalls verkehrt.
Der theoretische Teil ist notwendig und gut gemacht. Ich hab mich selbst schon erlebt, wie ich eine Stunde auf dem Stand rumstehe und Grundlagen erläutere – und wie wenig produktiv es ist, Dinge da wegzulassen; Khi Pa hat das komplett in den Ausbildungsraum verlegt (ja, es gibt einen in Bocholt! Schon vor Kursbeginn was gelernt), mit Handouts, Reader und Powerpoint-Präsentation.
Jupp, Powerpoint. Falls jemand am Bundeswehr-Background von Khi Pa Landgraf zweifelt, sollten die Zweifel jetzt zerstreut sein 3. Der theoretische Teil enthält alle wichtigen Teile: Sicherheitsregeln, Medic-Briefing und Grundfertigkeiten des Schießen. Der praktische Teil enthielt dann gut strukturiert die Umsetzung dieser Punkte.
Schauen wir mal auf die Details:
Khi Pa nutzt die lascheste Form von Sicherheitsregel #1, in der Form „behandle eine Waffe als geladen, bis Du Dich vom Gegenteil überzeugt hast“. Great minds think alike und so. Die zusätzliche Regel für die Langwaffe nennt er Regel 3+: Sobald die Mündung das Ziel verlässt, muss die Sicherung rein. Kann man mit arbeiten.
Als Schießhaltung bildet er Isosceles aus, interessanterweise mit komplett durchgestreckten Armen (bin ich immer noch nicht völlig überzeugt von, zumal die Unterschiede zwischen Männern und Frauen da extrem sind, und ich persönlich als langjähriger Gewichtheber eh‘ verkürzte Sehnen hab) und besonderem Fokus auf einen geschlossenen Griff hinter der Waffe (war ich nicht überzeugt von, mein Fokus ist dieses Jahr auf gegenläufiger Torsion durch beide Hände; verdient aber definitiv mehr Aufmerksamkeit).
Ein besonderer Punkt ist das Abziehen. Ich selbst bilde ein paar Dinge sehr flapsig aus4, weil ich ich die Form nicht für wichtig halte, nur ihre konsistente Wiederholung5. Khi Pa hat hingegen eine klare Position dazu, wieviel Finger auf den Abzug gehört. Meine Glock 26L hat leider keine austauschbaren Backstraps um die ideale Position zu erreichen, hätte ich gerne probiert, weil es mir mehr und mehr sinnvoll erscheint.
Interessant für einen Basic-Kurs fand ich, direkt zu erklären, dass der Finger schon in Position 3 auf den Abzug gehört 6. Allerdings nimmt er bei der Glock nicht den Vorzugsweg raus, das mache ich selbst anders. Er macht das nur bei DA-Waffen (klar, Bundeswehr, P8, da sollte man den Wagenheber schon wirklich frühzeitig installieren, um den Kackabzug zu bewegen).
Das Rausnehmen des Vorwegs wäre für mich Teil eines Fortgeschrittenen-Kurses, eventuell gilt das sogar schon für den Finger auf dem Abzug ab Position 3. Um so überraschter war ich dann, dass KL im Ausgleich keinen Rolling Reset ausbildet, sondern Pin-and-reset (also Abzug mit dem Finger hinten halten während die Waffe repetiert und dann nach vorne, bis der Reset einsetzt), was ich für eine reine Anfängertechnik halte.7
Apropos Abzugsweg: Khi Pa ist kein Freund vom Surprise Break, er sagt, man sollte den Abzug seiner Waffe kennen. Ich selbst bin ein Freund vom Surprise Break für blutige Anfänger und dem Compressed Surprise Break (der nicht explizit erwähnt wurde, Cooper hat die beide in einem Durchgang erklärt, eventuell galt die Kritik an beiden Techniken) für alle anderen; aber ich stimme auch zu, dass man die Abzugscharakteristika seiner Waffe kennen sollte, allerdings für die „slack out“-Phase. Eventuell bin ich da aber nur überpräzise, wenn ich beides trenne.
Beim Fehlerbeheben spricht KL für eine diagnostische Fehlerbehandlung und gegen ein blindes Tap-Rack-Bang, ich selbst fahre seit Jahren mit letzterem (und einem eventuellen Double-Feed-Beseitigen) besser8. Am Ende kommt aber auch er auf nur zwei Fehlerbehandlungs-Abläufe und ich glaube, gucken hat noch niemandem ausser dem taktischsten Supertaktiker geschadet.
Zu guter Letzt mein didaktisches Highlight: Körperhaltung beim Schießen. Ich persönlich versuche Leuten ja immer zu erklären, dass man stehen sollte, wie, wenn man sich auf einen Schlag oder wenigstens Schubser vorbereitet. Die Ergebnisse sagen mir, dass sich immer weniger Leute vorstellen können, wie das überhaupt geht. Khi Pa hingegen sagt einfach: „Stellt Euch gerade hin, spannt die Beinmuskeln an, entspannt sie wieder, so wie ihr steht, ist gut“. Und das funktioniert wider Erwarten viel schneller mit einem ähnlichen Ergebnis.
Nach so viele Details über philosophische Unterschiede: Wie war denn das eigentlich praktische Training? Gut. So viel Feedback hab ich bei anderen Trainern selten bekommen. Ich würde zwar sagen, dass Khi Pa mir etwas zu überzeugt ist, was genau den Fehler verursacht oder welcher Treffer wo falsch gelaufen ist, aber da sich das in fast allen Fällen mit meinen eigenen Beobachtungen an mir selbst deckte, und ich bei meinen Mitschützen die Fehler ähnlich diagnostiziert hätte, traue ich den restlichen auch. Und selbst wenn es auf den speziellen Fall nicht zutraf, war es immer ein nützlicher Tipp. Also: Gutes Zeug.
Interessant in der Praxis war der Fokus auf Schießen im Knien. Schießen im Liegen hätte es auch noch gegeben, hätte der Stand das erlaubt. Ich persönlich finde das sekundär, aber bei Bundeswehr-Angehörigen ist da witzigerweise immer ein Fokus drauf.
Als letztes kam dann beim Zusammenpacken noch die übliche Ausrüstungsdiskussion. Nette Überraschung: KL verkauft das MantisX Trainingssystem. Kannte ich von Andrew Tuhoy auf vuurwapen, war nicht gänzlich überzeugt, aber live gefiel es mir gut.
Das einzige, was mir missfiel war die Aussage „lagert Eure Magazine geladen und Eure Waffen entspannt“. Ich bin einfach der Meinung, Schießausbilder sollten sich aus dem Bereich Materialkunde raushalten. Ich hab da keine so klare Aussage und ich hab immerhin zehn Sommer als Schmied und Härter in einem Schmiedemuseum verbracht.
Fazit: Ein paar Sachen finde ich etwas inkonsistent, andere würde ich nur anders machen, weil für mich Umlernen nach Jahren in keinem guten Kosten-Nutzen-Verhältnis steht und die meisten Sachen unterstütze ich. Ich selbst hab jetzt erstmal die restlichen 3 Kurse gebucht und freue mich, was da noch kommt.