Wir alle benutzen die Pistole gerne wie eine kleine HA-Büchse. Wir schießen die gleichen Drills und sind sehr überzeugt, dass das auch stimmt, denn die Anwendung ist die gleiche, nur eben mit schlechterem Kaliber auf kürzere Distanz.
Gemäß der amerikanischen Gunowner-2.0-Concealed-Carry-Doktrin, die das Training in ganz anderen Ländern mit ganz anderen Rechtslagen geprägt hat wie nichts anderes, hat man eben eine Pistole dabei, ein Gewehr nicht.
Daher der Spruch „die Pistole ist dazu da, sich den Weg zum (HA-)Gewehr frei zu schießen“. Das ist okay, auch wenn man da als Deutscher nicht mitspielt.
Was ich allerdings nicht okay finde, ist, das dann gleich zu übertragen auf 2-gun, also wenn man sowohl Langwaffe als auch Kurzwaffe dabei hat, egal ob sportlich oder dienstlich.
Klar, ausnahmen gelten sicherlich für langsame Repetierer und Langwaffen mit kleinen, nicht wechselbaren Magazinen (wie die meisten Schrotflinten). Aber wen die Langwaffe ein zünftiger Halbautomat in einem Mittelkaliber mit wechselbarem Magazin ist, dann werde ich auf meine alten Tage immer skeptischer, ob das mit der zusätzlichen Pistole richtig gedacht ist.
Der Gedanken gährt schon ziemlich lange in mir, aber wenn keiner der großen Ausbilder da ähnliche Ideen verfolgt, werde ich vorsichtig.
Okay, manche amerikanische Spec-Ops haben darauf hingewiesen, ihre dienstlich gelieferte ganz Beretta M9 zuhause zu lassen und lieber ein, zwei weitere Langwaffenmagazine einzustecken. Aber die Jungs sind aussagentechnisch nicht so belastbar, zumal die andere Hälfte ja gerne ihre supergeheimen Fressen gerne in die Kamera halten für irgendeine überteuerte 1911, die garantiert genau so von NavSpecWar geliefert wurde, ehrlich, Bro.
Aber dann war ich bei Bartoz Norman von der Omega Group und der führte zu seiner Kaschi einfach eine kleine Taschenpistole in einer Magazintasche. Warum? „Weil das für den Notfall passt, an den ich denke“ hat er gesagt, glaube ich mich zu erinnern. Vielleicht hat er auch gesagt „weil ich kein schlechteres Gewehr zusätzlich zu meinem besseren rumschleppen will“ – das wäre zumindest heutzutage mein kryptischer Text dazu und vielleicht sollte ich anfangen, meine coolen Sprüche bekannteren Autoritäten in den Mund zu legen.
Je länger ich über Erfahrungen mit der Lang-/Kurzwaffenkombo nachdenke, desto mehr glaube ich, ein Revolver hätte es auch getan und wäre manchmal sogar besser gewesen. In allen Bereichen, wo mir die Langwaffe zu lang war (und Clint Smith hat schön demonstriert, dass eine ausgestreckt gehaltene Kurzwaffe fast genau so lang ist wie eine Langwaffe), wäre ein Revolver in Position 2 oder 3 ausreichend gewesen, von CQB ganz zu schweigen:
Der Bonus am Revolver ist nun mal, dass er bei der typischen Stressreaktion, wo man dem Gegner die Waffe in den Körper drückt, besser funktioniert als all die schönen Browning/Peters/Saive-Systeme.
Alternative ist natürlich eine Pistole mit festem Lauf von Beretta 92 bis Desert Eagle – das sind allerdings alles riesige Knarren, was eventuell damit zu tun hat, dass ein fester Lauf in erster Linie an einer Präzisionswaffe attraktiv ist, während ein abkippender Lauf immer etwas Länge spart und daher bei Dienstwaffen attraktiver ist.
Oder, und da kommt der Gedanke bei mir ursprünglich her, die Kombination Langwaffe plus Messer (plus Clinch-Pick, aber das ist eine andere Geschichte über den Wert sehr spezialisierter Werkzeuge). Mit dem gesparten Gewicht gönnt man sich dann ein Magazin mehr.
Das Messer ist allerdings ein anderes Thema: Messer bedienen sich anders, Messer verlangen ein anderes Mindset – ich habe in meiner aktiv trainierenden Zeit wenig Überschneidungen zwischen den Viel-Schießern und den Viel-Prüglern gesehen.
Langer Rede kurzer Sinn: Diskutiert doch mal für Euch, ob man wirklich die Pistole als Mini-Halbautomat sehen sollte, den man dabei hat, falls der Maxi-Halbautomat mal nicht taugt. Vergesst dabei bitte, dass jeder Trainer seine Kurse so aufbaut, dass das Sinn macht; stellt Euch lieber vor, wie die realistischen Szenarien für Euren Anwendungsfall aussehen würden. Und nächsten Monat reden wir über den Revolver beim Concealed Carry.
PS: Ja, ich rede mir seit Jahren immer mehr einen Revolver schön. Irgendwann, wenn die Kinder im Kindergarten sind und ich wieder Zeit habe, probiere ich das.