Die GRA wünscht ein frohes neues Jahr und weißt darauf hin, dass 2018 die deutsche Umsetzung der letzten EU-Richtline zum Waffenbesitz ansteht. Aber diesmal, so lese ich, wird alles anders, weil wir etwas ändern können.
Wie genau das funktioniert, weiß ich nicht, aber es klingt vielversprechend:
Wir haben seit 30 Jahren zum ersten Mal die Chance aktiv bei der Gesetzgebung Einfluss zu nehmen.
Wir könnten selbst einen Gesetzesvorschlag erarbeiten, wir könnten dafür Sorge tragen, dass ein neues Waffengesetz geschrieben wird.
Wir können den Anstoß dafür geben, dass ein Führen für Privatpersonen, welches in Amerika und auch europäischen Staaten, zur allgemeinen Sicherheit innerhalb der Gesellschaft führt, Eingang in eine Gesetztesdiskussion findet.
Wir können aber auch dafür sorgen, dass wir die Jugend wieder am Schießsport teilhaben lassen können.
Es liegt wie nie zuvor in unserer Hand Einfluss nehmen zu können.
Wie das aussehen soll und welche konkrete Interaktionsmöglichkeit es gibt: Keine Ahnung. So, wie das für mich aussieht, ist da ein Autor einfach sehr begeistert vom Erfolg der Firearms-United-Kampagne aus dem letzten Jahr.
Ich persönlich bin gewohnt skeptisch. Wieso ausgerechnet jetzt jemand auf die Leute hören sollte, die es seit Jahrzehnten fachlich besser wissen, ist mir nicht klar. Aber zum einen passieren noch Zeichen und Wunder an anderen Stellen, zum anderen ist es für mich zwar befriedigend zu sagen „ich hab’s ja gesagt“, aber a) werde ich das eh‘ und b) schadet es ja nicht, mal Änderungen mitzudenken.
Also, was sollten wir ändern? Klar, Waffenbesitz zur Selbstverteidigung sollte eine Position erhalten wie durch das 2nd Amendment in den USA. Aber: Pustekuchen. Das wäre eine Debatte, die man erst dann beginnen könnte zu führen, wenn Deutschland von seinem blinden Antiamerikanismus runter käme und inhaltlich in der Lage wäre zu debattieren. Und selbst in den USA ist das ja nicht einfach. Für mich ist die Argumentation klar und eindeutig.
Also beschäftige ich mich hier mal Korrekturen von bestehendem Unsinn, statt große Hoffnungen auf grundlegende Änderungen zu haben. Meist ist der Unsinn daran zu erkennen, dass er als überraschende Einschränkung in Form eines Unter-Paragrafen auftaucht oder gar erst in einer Anlage erklärt werden muss.
Allerdings muss ich gestehen, dass ich es schwer finde, gegen diese Regelungen zu argumentieren. Nein, nicht, weil mir keine Pro-Argumente einfallen für meine Position, sondern weil es für keines dieser Gesetze jemals eine stichhaltige Begründung gab. Und gegen „isso“ argumentiert es sich bekanntlich schwer. So sollte ein Rechtsstaat nicht funktionieren. Tut er aber.
Die erste Kategorie gehört der Gleichstellung von Jägern und Sportschützen
- Die 40mm-Mindesthülsenlänge für Sportwaffen verschwindet, denn sie ergibt überhaupt keinen Sinn. Entweder ist da jemand beim Formulieren mit den zugegeben sehr ähnlich klingenden Worten „Minimum“ und „Maximum“ durcheinander gekommen und es war eine Leistungsbeschränkung das Ziel (weniger Hülsenlänge bedeutet ja nicht immer weniger Leistung, schließlich spielen Hülsendurchmesser, Geometrie, Lauflänge und Pulver auch noch eine Rolle bei der Leistung) aber tendenziell schon). Oder man wollte gezielt ein Handelshindernis für Ostblockwaffen in Kalibern wie 7.62x39mm und 5.45×39 aufbauen. Dann hat aber die Verfügbarkeit dieser Kaliber für Jäger gezeigt, dass das unnötig war. Vorteil: Mehr sportlich sinnvolle Kaliber, besonders die mit im Präzi-Bereich so beliebten „short and fat“-Hülsen wie 6.5 Grendel (6.5×39) werden zugänglich.
- Die 42cm Lauflängenbegrenzung für Sportschützen verschwindet. Wie man auf diese obskure Zahl gekommen ist, ist schwer zu sagen. Vermutlich war es als Handelshindernis für Waffen mit der international üblichen Lauflänge von 16 Zoll (=40,64cm) gedacht. Vorteil: Weniger Protektionismus für lokale Hersteller, Zugriff auf mehr Innovationen aus dem internationalen Markt.
- Die 2/6er-Regel verschwindet. Die wurde dank unklarer Formulierung bis 2016 von Behörde zu Behörde unterschiedlich umgesetzt, was bewiesen hat, wie unnötig die war. Vorteil: Mehr Umsatz auf dem deutschen Markt.
- Die Voreintragsregel verschwindet. Nachträglich melden funktioniert für Jäger bestens und dank XWaffe bestehen da auch keine Lücken mehr, die sich irgendwie ausnutzen lassen würden. Vorteil: Weniger Verwaltungsaufwand.
Die Begründung für alle diese Änderungen ist, dass sie nie für Jäger galten und diese damit über Jahrzehnte bewiesen haben, wie unnötig sie sind: Es ist so oder so nichts passiert.
Die zweite Kategorie sind Gesetze, die von Aktionismus hervorgerufen wurden
- Vorderschaftrepetierflinten werden wieder wie alle Repetierflinten behandelt. Es war blinder Aktionismus nach Winnenden, einen Waffentypus zu dämonisieren, der nicht mal eingesetzt wurde. Das betrifft die Lauflängenbeschränkung auf über 45cm und die Mindestlängenbeschränkung auf über 95cm für alle Arten von Waffenbesitzern und die Eintragung auf grün für Sportschützen.
- Einhandmesser entkommen dem Führverbot. Da der Großteil der Besitzer (also alle, die nicht gezwungenermaßen genauer auf’s Waffengesetz achten müssen) eh‘ nichts von diesem Verbot mitbekommen hat, wird’s kaum auffallen. Alle Waffenbesitzer freuen sich, dass der Polizei wenigstens ein Gummiparagraf aus der Hand genommen wird.
- Balisongs, Wurfsterne, Nunchakus und all das verbotene Zeug wird wieder erlaubt. Noch schlimmer als Anlassgesetzgebung ist Anlassgesetzgebung, der veraltete Stereotypen zu Grunde liegen. Nein, die Ninjas sind nicht aus, uns alle umzubringen.
- Lampen, Laser und Nachtsicht an Waffen kommen wieder. Tun niemandem was, machen die Waffenhandhabung sicherer, lacht uns der Rest der Welt für aus. Edit: Den hier hatte ich glatt vergessen, so eingeschliffen ist der Unsinn schon bei mir.
Die Begründung für all diese Gesetze war blinder Aktionismus. Anlassgesetzgebung. Die wir in Deutschland eh‘ verboten haben. Weg damit. Falls die Gesetze jemand wieder haben möchte, müsste der- oder diejenige belegbare Fakten vorbringen, die wissenschaftlicher Überprüfung nach etablierten Standards standhalten.
Kategorie drei sind Neuerungen, die sich praktisch als sinnvoll erwiesen haben, zu erhalten
- Schalldämpfer für alles und jeden. Sportschützen, Kleinkaliberwaffen, Kurzwaffen: Wir haben sie zur Jagd legalisiert. Wir wissen schon längst, dass sie Gehör und Umwelt schonen ohne irgendwelche Nachteile zu haben. Und Meuchelmörder-Werkzeuge sind sie entgegen anders lautender Beteuerungen vielleicht auch, aber da sie technisch trivial herzustellen oder aus anderen Ländern zu bestellen sind, ist das praktisch kein Hindernis. Da brauchen wir gar nicht von so komplizierten Rechtsgrundlagen wie „abusus non tollit usum“ anzufangen.
- Magazingrößenbeschränkungen weg: Sportlich ist die Selbstbeschränkung auf 10 Schuss Unsinn im internationalen Vergleich. Und jagdlich haben genügend Bundesländer Ausnahmen erteilt für die Jagd mit Halbautomaten und großem Magazin. Kriege sind nicht ausgebrochen, nur das Sauenproblem ist etwas kleiner geworden.
- Altersbeschränkungen im Sportschießen: Weit runter. Aktuell muss man sich nur mal die Schießergebnisse beim Winter-Biathlon angucken um sich zu fragen, wo ran es liegt, dass die Deutschen da so abschneiden im Gegensatz zu anderen Nationen, wo die Schützen teilweise doppelt so viele Jahre Schießerfahrung sammeln durften. Darüber, dass wir nie Größen wie Tori Nonaka haben werden, spreche ich mal nicht. Und Witze über Englische Nationalmanschaften, die nur im Ausland trainieren dürfen…
Begründung für diese Kategorie ist, dass wir die Tür schon geöffnet haben. Und beim Blick auf das, was dahinter ist, haben wir nicht in bester deutscher Manier den Kopf in den Boden gesteckt und Mantra-mäßig gemurmelt „weil nicht sein kann was nicht sein darf“. Statt dessen haben wir uns umgeschaut und gemerkt, dass das ja gut funktioniert.
Und am Ende eine Meta-Regel, von der ich träume:
Gesetze, die so unsauber formuliert wurden, dass sie eine Klärung durch das BKA brauchen, werden genau im Moment der Veröffentlichung dieser Klärung ungültig.
Im Idealfall werden die Verursacher entlassen ohne Anrecht auf irgendwelche Bezüge, denn sie hatten eben genau eine Aufgabe und die haben sie verbockt, aber… das ist zu viel geträumt an diesem Sonntag.
Das ist zumindest, was mir direkt eingefallen ist als kleine Fingerübung.