„Ja zur Mittelmäßigkeit“ klingt zwar wie das aktuelle Motto der Bundesrepublik und ist dort enttäuschend bis beunruhigend. Aber heute schreibe ich über Waffen und deren praktischen Einsatz und da ist Mittelmaß in Ordnung.
Seien wir ehrlich: Es gibt zweifellos zahlreiche bessere Pistolenschützen als mich und noch viel mehr bessere Gewehrschützen. Aber ich behaupte mal, ich bin ein besserer Pistolenschützen als die meisten Gewehrschützen und besserer Gewehrschütze als die meisten Pistolenschützen.
Moderner Waffenbesitzer zu sein ist eben komplex. Und das da oben war nur der Waffen-bezogene Kram. Wenn wir von realer Selbstverteidigung sprechen, gibt es noch ganz andere Themen: Wie steht es mit waffenloser SV? Wie mit nicht-Schusswaffen? Und wie fit sind wir eigentlich?
Allein sportlich haben wir Waffenbesitzer einen riesigen Haufen Themen vor der Brust, deswegen bin ich so begeistert, dass die US Army jetzt vom „combat athlete“ spricht, denn das trifft es: Schweres Zeug weit schleppen, schwere Leute weit werfen, von Deckung zu Deckung sprinten, unter Stress extrem koordiniert empfindliche Gerätschaften manipulieren? Check.
Und dazu kommt für uns das Thema Selbstverteidigung: Gefahrensituationen erkennen, angemessen handeln, Gefahren vermeiden, aber schlimmstenfalls eskalieren mit Werkzeugen wie Pfefferspray und Messer? Sicher.
Und was ist mit anderen verwandten Themen wie Erster Hilfe1, Waffen-Wartung und all dem anderen?
Meine Nachricht ist: Das geht alles zusammen geht eben nur mittelmäßig. Das kann man pessimistisch sehen: Wir haben keine Chance, so gut zu werden wie die Spezialisten in ihren Disziplinen. Einen DSB-Schützen bei 25m Präzi zu schlagen ist keine Option. Wir sollten es aber optimistisch angehen: Eben erwähnten Schützen können wir in einer Vielzahl anderer Disziplinen schlagen2.
Und wie jeder, der mal von Pistole auf Gewehr gewechselt ist, weiß, Synergien gibt es zahlreiche: Handhabungsähnlichkeit verschiedener Waffensysteme ist sowas; taktisches Verstehen spart Zeit, die man beim Ziehen kaum rausholen kann; und wie positiv sich Kraft auswirkt, zeigt jedem ein einfacher Bill-Drill. Das als Beispiele.
Trotzdem: Wenn man etwas Multidisziplinäres macht wie wir, dann muss man sich mit Mittelmaß in spezialisierten Disziplinen abfinden. Nur: Nicht als Ziel der Übung, sondern als Resultat des Trainings. Anders gesagt: Das ist keine Erlaubnis dazu, weniger zu trainieren, sondern nur eine, es anders zu machen.
Jetzt bleibt die Frage: Wie macht man das anders? Leider ist das nicht so einfach. Für die Spezialisten gibt es klare Konzepte. Für das, was wir machen, noch nicht so. Ich kann nur erzählen, was für mich funktioniert – aber das ist ja die Idee hinter diesem Blog 3:
- Manchmal hilft einfach weglassen – die Schrotflinte als System war für mich so ein Ding, das ich einfach komplett vergessen wollte. Ich sehe für mich keinen Grund für das Ding aus praktischen Gründen. Hätte ich nicht einfach Spaß dran gefunden, wäre das auch immer noch so.
- Manchmal hilft abfinden: Über mein Powerlifting-Total von 550kg aus dem Jahr 2012 werde ich vermutlich nie mehr drüber kommen und selbst das war nicht beeindruckend. Andere Dinge sind mir wichtiger geworden, Ausdauer ist aktuell ganz vorne.
- Manchmal muss man einfach klever sein und alte Zöpfe abschneiden: Je nach Tagesstimmung sage ich gerne, dass ich über ein Viertel Jahrhundert meines Leben bei verschiedenen Kampfkünsten verbracht habe; aber wenn ich ehrlich bin, hab ich 3-4 gute Seminare besucht und 1-2 gute Bücher gelesen und der Rest war Traumtänzerei.
So, das soll es für heute gewesen sein. Ein wenig abstrus, ein wenig unfokussiert, aber ich bin a) die ganze Woche schon etwas zerstreut und b) brauchte einen Einleitungsartikel für eine Essay-Reihe, die hier etwas unvollständig rumliegt und sich mangels Einleitung bisher immer überschnitt und wiederholte: Drei Artikel zu Sport für Waffenbesitzer und einer zu Kampfkünsten generell und meiner persönlichen Form des Ausdruckstanzes, dem Ninjutsu, im Speziellen4