Ich hab immer viel gefaselt von wegen Reduzieren auf möglichst wenige Kaliber. Bei mir waren das immer 9mm Para, .223 Rem, 7.62×39 und .308 Win. Da kann noch was weg in der Halbautomaten-Kategorie…
Der Grund hinter der Reduktion dahinter waren immer Kosten. Nun war ich mal mit ziemlich viel freiem Budget ausgestattet, und Kostenreduktion hieß nicht weniger Geld ausgeben, sondern mehr davon kaufen.
Ich bin ein Fan von 500-1000 Schuss Anwendungsmunition und 5000 Schuss Trainingsmunition auf Vorrat.
Von 9mm bin ich immer noch überzeugt (bis die moderne 8mm kommt), von .223 Rem auch. Eventuell könnte man beide ersetzen durch die 300 BLK/Whisper, aber das ist kompliziert, wenn man schon so viel Zeug hat.
Ich bin bereit, über 7.62×39 nachzudenken, würden nicht Kaschis so gut mit der Munition funktionieren und ich liebe Kaschis nun mal. Und es ist eine der günstigsten Patronen, die man findet… aber angezählt ist 7,62×39 bei mir auch schon mal.
.308 ist der größte Wackelkandidat.
Die traumhafte Universalpatrone
.308 Winchester ist ein wunderbares Universalkaliber seit seiner Einführung in den 50ern. Und es hat sehr profitiert davon, fast 70 Jahre immer im Mittelpunkt oder zumindest nah daran gestanden zu haben:
Das .30 Geschoss ist immer Zentrum der Aufmerksamkeit bei der Geschossentwicklung gewesen. Teilweise hat man das Problem, dass 300 WinMag das gleiche Geschoss benutzt und man daher Geschosse hat, deren Wirkung auf viel höheren Geschwindigkeiten beruht, aber als Spielplatz für Wildcatter ist das eventuell sogar besser. Und selbst seit andere Dinge hip werden, werden moderne Entwicklungen immer auch für .30 umgesetzt, diesen Bonus haben andere Universal-Patronen nicht – das deutsche 8mm/7,92mm Geschoss ist da im Vergleich immer eine Generation hinten dran.
Und die .308er Hülse bekommt unglaublich viel Liebe von allen Wiederladern, weil so viele Verschlüsse dafür ausgelegt sind und damit so viele Wildcat-Patronen auf ihr basieren, von denen einige kommerziell erfolgreich sind oder es zumindest sein sollten (wie .260 Remington oder .338 Federal).
Leistungsmäßig hat die .308 Win exakt genau so viel miterlebt wie die .223 Rem: Beide haben vor mehr als einem halben Jahrhundert mit leichten Geschossen, langen Läufen und langem Drall angefangen: Die 5.56×45 als Militärpatrone im ersten M16-Prototyp mit einem 1/14″ Drall, 45gr Geschoss und einem 20″ Lauf, wobei der Drall dann schnell auf 1/12″ runtergesetzt wurde und das noch sattsam bekannte 55gr Geschoss in die ersten Serienversion gehört. Und heute sind wir bei 1/7″ Drall und einem 66% schwereren Geschoss. Und hey, auch .308 Win ist ewig bei 1/12″ Drall und 147gr Geschossen rumgekrebst und jetzt bietet sogar OA einen 1/7″ Drall an (Standard ist trotzdem 1/10″) und 180gr Geschosse sind kommerziell erfolgreich.
Dementsprechend sind Läufe in unvergleichlicher Vielfalt erhältlich.
Die schlechte Spezialpatrone
Aber „universal“ heißt nun mal übersetzt gleichmäßig schlecht in allem oder besser, es bedeutet:
- Wenn ich die Patrone in bestimmten Bereichen besonders ausnutzen will, brauche ich unterschiedliche Waffen.
- Wenn ich nur ein Kriterium komplett streichen kann, dann kann ich aus einer viel interessanten Liste auswählen.
Seien wir ehrlich, als militärisches Kaliber ist es erledigt: Schutzwesten leiden eher unter 3000fps+-schnellen Geschossen auf der .223, wie moderne Tests bestätigen1. Das bedeutet: Ob jetzt die .223 oder die .308 in einer Keramik-Schutzplatte stecken bleibt ist genau so egal wie, ob der Kopftreffer nun mit 223 oder 308 tötet. Gleiches gilt für den wirkungslosen Weichteildurchschuss mit einem Haager-Landkriegsordnungs-konformen FMJ, egal ob es .224 oder .30 Durchmesser hat.
Im Bereich der leichten MGs wird ja viel diskutiert, auf 6.5mm runter zu gehen2. Solange der Feind in erster Linie den Kopf unten halten soll, ist das eine gute Wahl dank der schöneren Flugbahn, plus die Penetration von Schutzplatten auf UHDPE-Basis funktioniert besser, und der größte Bonus: die Munition ist leichter. Für das Sturmgewehr ist das keine Option wegen der benötigten größeren Lauflänge aber beim LMG ist es perfekt.
Sportlich geht eine universelle .308-Win-Waffe es bis gefühlt 800m oder 900m, da irgendwo kommt bei den heute üblichen etwas kürzeren Läufen der Übergang vom Über- in den Unterschallbereich, der die Präzision so leiden lässt. Wer den sportlichen „Meilenstein“ 1000m überwinden will, schafft das nicht mit seiner Universal-308. Dafür braucht es schon eine dezidierte Waffe mit 24″ – 28″ lauf und leichte Geschosse, die vom Aufbau her rein zum Löchlestanzen taugen. Wer sich ein dezidiertes Weitschuss-Gewehr kauft, hat wenige Gründe, eine 308 Win zu nehmen, wo sich 6.5 CM in die Standard-Palette fast aller Anbieter geschafft hat.
Jagdlich ist .308 Win gut bis ungefähr 500m, da passen imho Wirkung eines Jagdgeschosses und notwendige Schießpräzision noch zusammen. Nur zwei Fragen dazu:
Erstens: Wie weit schießt man wirklich jagdlich? Bei den Revieren, die ich in meiner zugegeben wirklich kleinen Jagdkarriere erlebt habe, waren 170m das Maximum, was überhaupt ging. Ich würde über mich sagen: Bis 200m. Natürlich geht das weiter, zwei talentierte Leute in meinem Bekanntenkreis schießen Impalas auch auf 700m. Aber auch die halten sich an die Faustregel: Die Hälfte der Distanz, auf der man sportlich zuverlässig treffen kann, ist die Jagddistanz. Die sind nur eben so viel besser als ich. Von der Reichweite her ist .308 Win für alle deutschen Jagdreviere, die ich kenne, überdimensioniert.
Zweitens: Welche Wirkung brauche ich im Ziel? Wenn wir mal das Jagdstammtischgeschwafel von gepanzerten Keilern ignorieren und das Gefasel von der riesiegen Wildbretentwertung der letzten Patrone im Gegensatz zur schon längst vergessenen vorherigen Patrone ausblenden, ist uns allen klar: 308 Win tut’s. Tolle Patrone. Eventuell tut es aber auch weniger. Der Gesetzgeber zumindest denkt das mit seinen vorgeschriebenen 2000J auf 100m.
Wenn man das als Maßstab nimmt, ist vielleicht eine Patrone mit einer gestreckteren Flugbahn besser, denn eventuell liegt die Wirkung ja auch an der Trefferlage… alternativ kann ich auch fragen, ob ein schwereres Geschoss einem nicht mehr Möglichkeiten bei Knochentreffern bietet und man den Reichweitenverlust einfach schlucken kann.
Schlüsse
Meine 308er-Waffen kommen vermutlich alle weg. Eventuell bleibt meine kurze Howa 1500 als echte Universalwaffe, die auch zahlreiche Waffengesetz-Änderungen überleben dürfte3, aber von den Halbautomaten werde ich mich trennen. Und für den neuen Universal-Repetierer habe ich auch schon seit Jahren Pläne…
P.S.: Hier kommen gerade ein wenig länger im Voraus geschriebene Inhalte, denn ich bin im wirklichen Leben beschäftigt mit der Geburt meines Sohnes. Franz Witold Prinz heißt zwar nicht so und ist auch nicht exakt heute geboren, aber ein wenig Privatssphäre sollte man seinen Kindern ja gönnen.