Half-and-half

Wenn es einen Gewehr-Drill gibt, der ein Lächeln auf das Gesicht fast jeden Kursteilnehmers treibt, ist es meiner Erfahrung nach der Half-and-half Drill:

Half and half nach VTAC

Beim Half-and-half nimmt man eine Entfernung, eine Schusszahl und eine Zeit. Das schießt man. Dann halbiert man die Entfernung und die Zeit bei gleicher Schusszahl und schießt das auf die gleiche Scheibe. Und das macht man noch ein drittes Mal zum Abschluss. Am Ende liegen alle 30 Schuss in der Zielzone oder man ist raus. Das trainiert das Abwägen von Treffergenauigkeit und Zeit. Die erste Stufe verlangt Präzision, die zweite einen guten Mix und die dritte eine gute Rückstoßkontrolle.

Viking Tactics macht das wie folgt:

  • 20 yards – 10 Schuss – 10 Sekunden
  • 10 yards – 10 Schuss – 5 Sekunden
  • 5 yards – 10 Schuss – 2,5 Sekunden

Geschossen auf die Hälfte der A-Zone eines VTAC-Ziels, das sind etwa 15cm x 15cm. Was übrigens ein beliebtes Maß für Origami-Papier ist. Ich hab den Drill auch schon auf die komplette A-Zone gesehen, das sind 30ch hoch x 15cm breit, also etwa ein DIN A4-Blatt, was auf der schmaleren Seite auf 3/4 gefaltet wird. Geschossen wird aus high ready.

Anfänger sollten nicht an den Zeiten drehen, weil die Standard sind, sondern entweder an der Trefferfläche oder der Entfernung – wobei der Grenzen gesetzt sind, mit Gewehr auf Stahlkugelfang auf unter 5m ist meist keine Option.

„10 Schuss in 2,5 Sekunden“ ist was, was jeder, der Halbautomaten hat, gerne macht. Und dank des komplizierteren Aufbaus fühlt es sich nicht so sehr nach simplem Draufgeholze an wie der Bill-Drill ;-). Meiner Erfahrung nach ist die letzte Stufe der forderndste Teil des ganzen Drills. Indikatoren: Auf Kursen schießen viele die ersten beiden Stufen aus einem Magazin, laden das zweite aber gezielt auf 10 Schuss, weil bei den ersten beiden Runden mitzählen noch drin ist, bei der dritten nicht mehr. Ausbilder lassen zudem die ersten beiden Stufen zusammen schießen, weil auf guten Niveau die kaum jemand verbockt. Die dritte Stufe wird immer einzeln gestoppt.

Half and double nach Tobias

30 Schuss .223 Rem waren Anfang 2015 für mich als Paletten-Käufer 9EUR. Das ist viel Geld für 17,5 Sekunden Spaß. Deswegen hier meine Variante mit 18 Schuss, also für 60% des Munitionsverbrauchs:

  • 20 yards – 3 Schuss – 2,5 Sekunden
  • 10 yards – 5 Schuss – 2,5 Sekunden
  • 5 yards – 10 Schuss – 2,5 Sekunden

Der kniffelige Teil bleibt also gleich. Die anderen werden etwas schwerer: 5 Schuss in 2,5 Sekunden erfordern eine etwas schnellere Kadenz als 10 Schuss in 5, weil der Erstschuss aus High Ready immer etwas länger dauert (0,5 – 0,7 Sek). Bei 20 yards habe ich sogar noch aufgerundet von 2,5 auf 3 Schuss. Meine Erfahrung ist aber, das die meisten Schützen beim normalen Half-and-half in der ersten Runde ungefähr 7 bis 8 Sekunden brauchen, also denke ich, dass da noch viel Luft ist.

Half and half mit der Pistole

Den Half-and-half kann man natürlich auch mit der Pistole schießen. Dann sollte man sich etwas mehr Zeit geben und vermutlich (ist länger her, dass ich den geschossen hab) mit der doppelten A-Zone als Trefferzone arbeiten. Ich weiß nicht, ob ich die folgende Modifikation von Henning Hoffmann oder Oliver Falk habe, eventuell sind auch beide auf den gleichen (nicht so überraschenden) Wert gekommen: 12 Sekunden statt 10.

  • 20 yards – 10 Schuss – 12 Sekunden
  • 10 yards – 10 Schuss – 6 Sekunden
  • 5 yards – 10 Schuss – 3 Sekunden

Debugging

  • Wer in der ersten Stufe über die Zeit kommt, muss meist lernen, dass es es hier nicht gut werden muss, sondern nur „gut genug“. Das erste akzeptable Visierbild reicht.
  • Wer in der ersten Stufe nicht trifft, muss ganz langweilig die Grundfertigkeiten für den langsamen Schuss wiederholen: Abzugskontrolle, Grifftechnik, Visierbild und Nachzielen (besonders für den letzten Schuss).
  • Wer in der letzten Stufe über die Zeit kommt, muss die Grundfertigkeiten für den schnellen Schuss wiederholen: Griffstärke, aggressiver Stand, richtige Ausrichtung nach „Natural point of aim“ (NPOA).
  • Wer in der letzten Stufe daneben schießt, muss als erstes seine Trefferlage anschauen:
    • Konsequent daneben ist ein Haltepunkt-Problem. Wer beim Gewehr seinen Offset vergisst, macht sich das Leben unnötig schwer, weil er nicht die ganze Tefferzone nutzt. Ebenso wer links oder rechts liegt, was ein NPOA-Problem ist.
    • Treffer überall auf der Scheibe sind ein Präzisionsproblem. Keine Überraschung, aber so formuliert auch keine Hilfe. „Präzision“ bedeutet „Wiederholgenauigkeit“, das ist ein besserer Anhaltspunkt: Wenn man alles jeden Schuss möglichst gleich ausführen will, muss das automatisch geschehen. Bei 10 Schuss in 2,5 Sekunden ist keine Zeit, die Waffe mit Kraft auf das Ziel zu schieben. Die muss da hin fallen. Das bedeutet in erster Linie NPOA, aber auch immer den gleichen Kraftaufwand auf der Waffe. Wer einen Anhaltspunkt für letzteren braucht: Maximaler Krafteinsatz ist immer gut abzuschätzen, ganz im Gegensatz zu Prozentangaben. Wer bei einer Gen 4 Glock nachher nicht das Griffmuster in der Hand sieht, war zu lasch 😉

Viel Spaß mit den Drills. Ich würde mich besonders über Feedback zu meinem Half-and-double Drill freuen.