Die klappbare VTAC-Barrikade

Der 9-Hole-Drill ist eines der Markenzeichen von Viking Tactics (und daher auch HunTac in Deutschland). 9 unterschiedliche „Schießscharten“ zwingen einen dazu, unübliche Positionen einzunehmen und ein Ziel zu beschießen. Für Fortgeschrittene ist er toll, weil man abkommt von den standardisierten Positionen, die man als Anfänger (hoffentlich) verinnerlicht hat. Für Profis ist es nett, weil man sich in kleinem Kreis mit wenig Munition einen lustigen Wettlauf um die Zeit leisten kann: Innerhalb von ein paar Wiederholungen kann man Verbesserungen von über 60 auf die Hälfte feststellen, sagt meine Erfahrung. Danach geht es um einzelne Sekunden. Und würdevoll sieht dabei kaum eine Position aus, was den Unterhaltungswert steigert.

Entwicklung der klappbaren Barrikade

Pläne für die VTAC-Barrikade kann man in „Green eyes, black rifles“ von Kyle Lamb finden oder irgendwo im Internet. Leider ist das Ding sehr unförmig. Für manch einen sicherlich ein großartiger Vorwand sich einen Multivan oder ein ähnliches Fahrzeug zu kaufen. Aber als ich die Barrikade das erste mal sah, regte sich der Tetris-Spieler in mir und ich dachte: Das geht klappbar! Ich meine, klar, man kann aus einer großen Holztafel einfach zwei Stück ohne Verschnitt herstellen, aber ich brauche nur eine. Und es ist keine Bastel-Herausforderung.

Formschön und platzsparend

Entwicklung der klappbaren Barrikade

Als mich die Bastellust trieb, hab ich die Maße aus Kyles Buch genommen, in das Zeichenprogramm von OpenOffice übertragen und ein wenig gespielt. Das obrige Bild zeigt, wie sich die Barrikade schön falten lässt. Daraus ist dann der folgende Plan entstanden, den Ihr als PDF oder OpenDocument herunterladen könnt. Achtung, das .odg ist im Originalmaß (ich war zu faul, alles immer umzurechnen, während ich Werte übertragen hab), dementsprechend ist die Seite 2m x 2m. Druckt das nicht aus Versehen im Posterformat!

Die benötigte Platte hat 152x107cm, was bei umgeklappter Rückbank gut in den Kofferraum eines VW Golfs passt. Natürlich kann man die auch ohne Probleme auf 150×100 skalieren, falls jemand ordentlich sein möchte. Aber heute geht es ja nicht um Scheiben für DIN A4, wo das genaue Umrechnen Sinn ergibt, sondern um Dinge, die eh‘ einen Handwerker fordern: Entweder man hat eine Platte in den ungefähren Maßen rumstehen, dann ändert man die Maße halt so lange, bis es passt oder man geht zu einem Zuschnitt-Service im Baumarkt, der bei krummen Maßen nicht mit der Wimper zuckt. Das PDF hat übrigens zwei Seiten, die zweite enthält ein 3-Zoll-Raster als Hintergrund. Die Schlitze sind ebenfalls übertragen vom Original und dort auch so schrecklich unordentlich aufgebracht. Eventuell sind die um den einen oder anderen Zentimeter verschoben.

Bauplan

Klappbar und stabil

Das große Problem bei einer klappbaren Barrikade, die für Anschlagtechniken mit dem Gewehr oder der Pistole dient, ist, das ruppig mit ihr umgegangen wird und sie dementspechend stabil sein muss. Als Grundmaterial habe ich deswegen OSB gewählt, da das quer wie länger belastbar ist.

Spannend sind aber meiner Meinung nach vor allem die Scharniere. Üblich sind in Fällen, wo man geklappte Teile miteinander verbindet Haken und Ösen. Was sehr gut bei Kisten- und Truhen-Deckeln funktioniert, taugt meiner Meinung nach nicht für Dinge, die mit großer Hebelkraft belastet werden, wie die Teile dieser Barrikade. Meine Lösung sind deswegen Scharniere auf beiden Seiten, eins permanent befestigt und eins zum Fest- und Losschrauben. Ich erkläre: Auf der später dem Schützen zugewandten Seite wird ganz normal ein Scharnier an beiden Hälften angeschraubt.

Scharnier innen

An der anderen Seite wird das Scharnier nur an einer Hälfte angeschraubt. Die andere Hälfte wird mit einem großen Loch versehen, die OSB-Platte ebenso. Durch dieses Loch kann man dann einen Bolzen oder eine Schraube stecken und fest anziehen. Schraube und Mutter geht. Schraube und Flügelmutter ist einfacher. Ich selbst bin kein großer Fan von üblichen Muttern, die gehen arg schnell verloren. Daher benutze ich statt dessen Einschlagmuttern, die im Holz stecken bleiben. Und auf der anderen Seite Flügelschrauben, damit ich überhaupt kein Werkzeug mitschleppen muss.

Scharnier außen offen

Scharnier außen geschlossen

Scharnier außen verschraubt

Zuletzt ist da noch die Frage des Ständers. Man kann natürlich einfach 4 Standfüße bauen, zwei innen, zwei außen. Das ist allerdings unpraktisch beim Liegendschießen und zudem eine Stolperfalle. Bei meiner Variante gibt es nur zwei Füße und zwar auf der dem Schützen abgewandten Seite. Die werden dann mit Zusatzgewichten beschwert. 20kg pro Fuss bieten sich an und die sollte man immer dabei haben, falls man Drills wie „Grid of fire“ unter erschwerten Bedingungen schießen will.

Jenseits der Theorie

Weitere Details zu meinem Exemplar: Die Füße sind so geschnitten, das sie als Kantenschutz taugen. Ich habe bisher der Versuchung widerstanden, eine Tragetasche aus LKW-Plane zu nähen und benutze ein einfaches Seil als Tragehilfe. Die Schrauben sind, wie schon erwähnt, Flügelschrauben und die Muttern Einschlagmuttern. Maß ist M8 für beides. Die Einschlagmuttern selbst 10mm Löcher, also sind alle Durchgangslöcher auch 10mm. Die OSB-Platte ist 22mm stark. die beiden geklappten Hälften werden mit einem kleinen Riegel im geschlossenen Zustand fixiert.

Materialkosten waren irgendwo zwischen 50 und 100 EUR, Arbeitszeit geschätzt 2 Stunden (war also schneller fertig als dieser Artikel ;-)). Die Streben der Füße sind aus Tischlerplatte gemacht, nicht aus OSB, weil dort seitlich Schrauben reingehen — OSB würde bei der Belastungsrichtung aufreissen. Die Seitenverstärkungen der Füße sind wiederum aus dünnerem OSB (15mm, meine ich) und sind aufgeleimt wie auch geschraubt.

Materialliste:

  • 1x Barrikade
    • 1x 22mm OSB-Platte, 152cm x 107cm (Barrikade)
  • 2x Standfüße (wer mag, kann auch 4 bauen)
    • 2x 15mm OSB-Platte, 50cm x 50cm (wird diagonal geschnitten für 4 Teile)
    • 4x Tischlerplatte 60cm x 5cm x 1,5cm (5cm Breite basieren auf 2x 22mm OSB Platte plus etwas Raum für das Scharnier)
  • 4 Scharniere (45×80 mm) – das sind die einseitig befestigten
  • 4 Scharniere (60×60 mm) – das sind die beiseitig befestigten
  • 9 Einschlagmuttern M8 (4 für die Scharniere, 4 für die Ständer, 1 um die Konstruktion beim Transport geschlossen zu halten)
    • wer normale Muttern benutzt, muss deren Höhe natürlich auf die Länge der Schraube draufrechnen
  • 4 Flügelschrauben M8 x 40 (für die Ständer, muss durch 22mm OSB der Barrikade, 15mm Ständer und eine Unterlegscheibe)
  • 4 Flügelschrauben M8 x 25 (für die Scharniere, muss durch 22mm Barrikade, ein Scharnier und eine Unterlegscheibe)
  • ein Haufen Holzschrauben, 20mm lang
  • 8 große Unterlegscheiben

Werkzeugliste:

  • Stichsäge
  • Hammer
  • Arbeitsböcke
  • Akkuschrauber
  • Bohrmaschine
    • 10mm Holzbohrer
    • 10mm Stahlbohrer

Hier endlich ein paar Bilder:

Gepackt

Entpackt

Halb offen

Offen

Mit Standfüßen

Transportverschluss

Verbesserungen

Das ist Version 1.5, bestehend aus Barrikade v1 mit Füßen v2. Natürlich sind mir schon wieder einige Verbesserungen eingefallen:

  • Der Transportverschluss wird unnötig, wenn man vier Standfüsse benutzt, die über die Ecken gestülpt werden oder bei zwei sehr großen Füßen. Da spart man eine Einschlagmutter, was gut ist, denn die kommen in 8er-Packungen.
  • Wenn man die Standfüsse auf beiden Seiten verkleidet, sollte man die Einschlagmutter in den Standfüssen anbringen, nicht auf der Barrikade. Sonst muss man innerhalb des Fußes schrauben, was eng wird. Ist bei mir so entstanden, weil die erste Version der Füße außen offen war. Ich schneide mir demnächst ein Loch in eine der Außenverkleidungen, damit ich besser mit der Hand drankomme.
    • Wer eh‘ 4 Füße benutzt, kommt um beides nicht herum. Einschlagmutter in 2 der Füße, Öffnung zum Festziehen der Schrauben in die anderen beiden.
  • Ich wäre versucht, das Ganze auch mal aus Plexiglas zu bauen. 10mm Plexiglas kostet etwa 150EUR für 1,5qm mit 30EUR Versandkosten. Hätte ich teurer eingeschätzt.
  • Eine Tasche für die Schrauben würde ich gerne auf das Holz tackern. Wer genau hinschaut, sieht die schraffierten Bereiche auf der Platte. Das ist dort, wo im zusammengeklappten Zustand Platz ist. Leider ist das immer auf der dem Schützen zuwandten Seite, wo ich eigentlich nichts anbringen möchte, was das Schießen stören könnte.

Rechtliches

In Deutschland ist es ja schwer, irgendwas zu tun, ohne das jemand anderes sich fragt „ist das überhaupt legal?“. Waffenbesitzer sind da besonders beschädigt, weil sie ja mehr rechtlicher Aufsicht unterliegen als der Durchschnittsbürger und außerdem leichter Rechte entzogen bekommen können. Daher die paranoide Frage: Ist das hier eine Deckung, aus der geschossen werden kann? Die wäre dann ja, sehr grob gesprochen, verboten.

Stellen wir uns mal ganz dumm (immer hilfreich, wenn man über Waffengesetzgebung nachdenkt): Was ist Deckung? Im Deutschen unterscheiden wir leider sprachlich nicht so genau zwischen „Cover“ und „Concealment“. Schutz vor Feuer bietet die Barrikade mit nur 22mm OSB schon mal nicht. Und Sichtschutz nur teilweise, wie man zum einen sieht, wenn man jemand größeres da hinter stellt und vor allem, wenn man sich anschaut, wie die Barrikade benutzt wird (besonders, wenn jemand Brokeback-Mountain-Prone schießt): Es geht darum, die Öffnungen effizient zu erreichen, nicht, Deckung auszunutzen. Tatsächlich könnte man, wenn man zu viel Geld zur Hand hätte, das Ding auch aus Plexiglas bauen. Eine Variante, wie im IPSC üblich aus Brettern und Netz, ist denkbar und bekanntermaßen rechtlich unbedenklich, wenn auch schwer stabil zu bauen. Aber man sieht: Der Zweck dieser Barrikade ist nicht die Deckung, sondern den Schützen zu anspruchsvollen Schießpositionen zu zwingen. Wie Barrikaden im deutschen IPSC auch. Es ist also keine Deckung. Sondern eine, uhm, „Schießpositionsschablone“.

Das ist meine Meinung. Das bedeutet natürlich nicht viel. Zu meinem Glück ist jemand anderes auch schon in dieses Problem gelaufen und musste das rechtlich klären lassen. Ah, die deutschen Blockwarte… immerhin wissen wir nun mit Sicherheit, dass es für die VTAC-Barrikade keinerlei rechtliche Bedenken gibt. Das wurde zwar für die nicht-klappbare Version festgestellt, aber so doof wird kein Gericht dieses Landes sein, da eine Unterscheidung zu machen.

P.S.: Da hab ich so viele Artikel fertig und dann komme ich vor lauter Arbeit nicht dazu, sie zu publizieren. Tststs. Dieser hier hätte Dienstag spätestens online sein sollen.